Welche Psychotherapieschulen gibt es in Deutschland und wie unterscheiden sie sich?

- 28. Mai 2021

 

In Deutschland gibt es aktuell vier Therapierichtungen, die als wissenschaftlich anerkannte, sogenannte „Richtlinien-Verfahren“ gelten: die analytische Psychotherapie, die tiefenpsychologisch fundierte  Psychotherapie, die Verhaltenstherapie und seit kurzem auch die systemische Psychotherapie. Die Kosten einer Behandlung mithilfe dieser Therapieschulen werden somit von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

 

Analytische Psychotherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Bei der analytischen Psychotherapie liegt der Fokus auf krankmachenden, unbewussten Konflikten und Beziehungsmustern aus der frühen und späteren Kindheit. Indem diese Konflikte in der Therapie bewusstgemacht und aufgearbeitet werden, sollen aktuelle körperliche und seelische Belastungen der Patient:innen gelindert werden

Nahe verwandt mit der analytischen Psychotherapie ist die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf aktuelle Konflikte, die in der Beziehung zwischen Therapeut:in und Patient:in sichtbar werden und dadurch bearbeitet werden können.

Insbesondere bei Depressionen, Angststörungen, somatoformen Störungen, Essstörungen, Substanzabhängigkeitsstörungen und Persönlichkeitsstörungen haben diese beiden – häufig auch als „psychodynamisch“ bezeichneten – Therapierichtungen inzwischen in vielen Studien eine gute Wirksamkeit bewiesen.

Systemische Psychotherapie

Die systemische Psychotherapie entstand in den 1950er Jahren in den USA. Hier liegt der Fokus auf dem sozialen Gefüge, also den „Systemen“, in welche Patient:innen (häufig auch „Klient:innen“ genannt) eingebunden sind. Solche Systeme können die eigene Familie oder die Partnerschaft sein, aber auch der Kolleg:innen- oder Freundeskreis, die Schule oder andere Gruppen. Die systemische Therapie geht davon aus, dass das System, indem die Klient:innen leben, Einfluss auf ihr Verhalten hat – ihr Verhalten beeinflusst aber auch das System. In der Therapie wird deshalb das System der Klient:innen miteinbezogen und daran gearbeitet, das eigene Verhalten und somit den eigenen Einfluss zu verändern. Traditionell wird in der systemischen Psychotherapie häufig mit Paaren oder Familien gearbeitet, sie eignet sich aber auch für Einzeltherapien. Besonders bei Depressionen, Essstörungen und Substanzmissbrauch erlaubt der systemische Ansatz neben einer guten Wirksamkeit für die Patient:innen auch eine positive Auswirkung auf die Angehörigen des jeweiligen Systems (z.B. Familienmitglieder), da sie von vornherein in die Therapie miteinbezogen werden.

Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie entstand Mitte des 20. Jahrhunderts aus dem sogenannten Behaviorismus (behavior = Verhalten). Sie gehört zu den in den letzten Jahren am häufigsten untersuchten Therapieverfahren und nimmt in der psychologischen Versorgung eine große Rolle ein. Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Verhaltensweisen, die man im Laufe des Lebens erlernt hat, maßgeblich zur Entstehung von psychischen Erkrankungen beitragen. Deshalb wird bei der Verhaltenstherapie mit einer großen Bandbreite an Methoden versucht, Patient:innen neue Verhaltensweisen beizubringen.  Bei der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), die bereits in einem früheren Blogpost ausführlich beschrieben wurde, werden neben dem Verhalten auch die „Kognitionen“ berücksichtigt, also die Gedanken der Person, um deren Verhalten es geht. Ein Beispiel für ein (kognitiv-)verhaltenstherapeutisches Vorgehen stellt die sogenannte Konfrontationstherapie dar. Bei dieser werden die Patient:innen mit ihren Ängsten (wie z.B. Enge, soziale Situationen, bestimmte Tiere oder Höhe) konfrontiert, sodass diese anders wahrgenommen und bewertet werden und Patient:innen ihre Ängste abbauen können. Die (kognitive) Verhaltenstherapie hat sich insbesondere bei Depressionen und Ängsten sowie bei Essstörungen, Süchten und Zwängen bewährt und zeigt in zahlreichen klinischen Studien eine gute Wirksamkeit. Im Projekt PSYCHOnlineTHERAPIE wurden die Online-Lektionen auf Basis der Verhaltenstherapie entwickelt.

 


 

 

 

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