Entspannung lernen - wie geht das?

- 28. Juli 2021

 

„Ich bin gerade einfach viel zu gestresst, um mich entspannen zu können.“ So einen Moment hatte bestimmt jeder schon einmal. Dabei ist es gerade in Stresssituationen wichtig, Körper und Geist etwas herunterzufahren. Für den einen ist es entspannend, mit einem Buch auf dem Sofa zu sitzen, für den anderen ist eine Tasse Kaffee auf dem Balkon die pure Entspannung. Neben diesen „alltäglichen Aktivitäten“ gibt es aber auch eine Reihe an Entspannungsverfahren, die von Wissenschaftler:innen entwickelt wurden und eingeübt werden können, um gezielt Entspannung herbeizuführen.

 

Dabei können sechs Arten von Entspannungsverfahren unterschieden werden: Biofeedback, autogenes Training, Meditation, imaginative Verfahren, Hypnose und progressive Muskelentspannung. Diese Entspannungsverfahren stellen häufig wichtige Elemente im Rahmen einer Psychotherapie dar, können aber auch außerhalb des klinischen Kontexts im Alltag angewendet werden. In diesem Artikel werden wir Ihnen einen kleinen Einblick in die Entspannungsverfahren autogenes Training und progressive Muskelentspannung geben.

 

Psychologische und körperliche Effekte von Entspannung

Zunächst soll es aber darum gehen, was eigentlich mit uns passiert, wenn wir uns entspannen. Auf psychologischer Ebene zielen die meisten Entspannungsverfahren darauf ab, die Selbstkontrolle zu verbessern, die Konzentration zu schulen, ein Beruhigungsgefühl zu schaffen und das emotionale Wohlbefinden zu steigern. Außerdem helfen Entspannungsverfahren dabei, besser mit  den körperlichen Reaktionen auf Stress und Belastungen umzugehen. Zu solchen Stressreaktionen des Körpers zählen z.B. Herzklopfen, Zittern, angespannte Muskeln, Schwitzen, Kopfschmerzen, Übelkeit und viele weitere. Durch Entspannungsverfahren kann ein körperlicher Zustand ausgelöst werden, der als Entspannungsreaktion bezeichnet wird – quasi das Gegenteil zur körperlichen Stressreaktion. Bei der Entspannungsreaktion wird der gesamte Körper in einen Ruhezustand versetzt: unter anderem nehmen der Muskeltonus, also der Spannungszustand der Muskeln, und die Reflexe ab, gleichzeitig sinken die Herzfrequenz, der Blutdruck und die Atemfrequenz und der Atemfluss wird gleichmäßiger. 

Um diesen Zustand vor allem in Stresssituationen bewusst herbeiführen und längerfristig von positiven psychologischen Effekte profitieren zu können bedarf es an Übung. Hier ist ein wenig Geduld gefragt: Es wird empfohlen, ein Entspannungsverfahren mehrere Wochen am Stück täglich zu üben, um die Entspannungsreaktion zunehmend gezielt steuern zu können.

 

Progressive Muskelentspannung

Ein weit verbreitetes und wissenschaftlich  gut gestütztes Entspannungsverfahren ist die progressive Muskelentspannung (PME), die bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Die PME beruht auf der Idee, dass es eine Wechselwirkung zwischen mentalen Prozessen und der Muskelanspannung gibt. Bei einer Entspannung der Muskeln kommt es folglich auch zu einem mentalen Entspannungszustand.

PME-Übungen können sich in ihrer Länge sowie in den angesprochenen Muskelgruppen unterscheiden, im Prinzip laufen die Übungen aber immer gleich ab. Während einer Übungseinheit erfolgt ein ständiger Wechsel zwischen kurzen Anspannungs- und längeren Entspannungsphasen der Muskeln. Dadurch soll auch der Kontrast zwischen Spannungs- und Entspannungszuständen bewusst wahrnehmbar werden.

 

Autogenes Training

Das autogene Training basiert ursprünglich auf der Hypnose. Die Idee dabei ist es, durch die reine Vorstellungskraft und aktive Aufmerksamkeitszuwendung bestimmte Körperfunktionen beeinflussen zu können. Körperliche Zustände, die bei Entspannung herrschen, werden mit spezifischen Empfindungen verknüpft, wie ein Wärme- oder Schweregefühl. Bei Entspannung weiten sich zum Beispiel die Blutgefäße, sodass ein besserer Blutfluss im Körper herrscht. Dies führt dann zu besagtem Wärmegefühl. Ziel des autogenen Trainings ist es, diese Empfindungen willkürlich herbeiführen zu können.

Die Übungen sind der angestrebten Empfindung angepasst. Bei der Wärmeübung sagt man zum Beispiel immer wieder über mehrere Minuten zu sich selbst „Mein linker Arm ist ganz schwer“ und achtet anschließend auf die eigenen Gedanken, Gefühle und körperlichen Reaktionen. Dieser Zustand wird dadurch beendet, dass man das jeweilige Körperteil kurz anspannt, streckt oder beugt. Zu Beginn empfiehlt es sich zum Beispiel mit Audioaufnahmen zu arbeiten, da es oft leichter ist, wenn einen eine andere Stimme durch die Übung „leitet“. Nach ausreichend Übung klappt es in den meisten Fällen rein gedanklich.

 

Ein großes Anwendungsgebiet der beschriebenen Entspannungsverfahren stellt die psychotherapeutische Behandlung von Depressionen und Angsterkrankungen dar. Auch im Projekt PSYCHOnlineTHERAPIE wird die Möglichkeit geboten, das autogene Training und die progressive Muskelentspannung mithilfe von Audioaufnahmen einzuüben.  

 


 

 

 

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