Was versteht man eigentlich unter Stigmatisierung?
- 27. März 2021
Wem würden Sie erzählen, dass Sie in Psychotherapie sind? Oder überhaupt, dass Sie psychische Probleme haben? Was glauben Sie, wie ihr Umfeld darauf reagieren würde? Viele Menschen zögern damit, über ihre psychischen Probleme zu sprechen. Sie fürchten, nicht ernst genommen oder ausgelacht zu werden oder, dass man sich von ihnen abwendet. Aber woran liegt das eigentlich?
Das hat etwas mit Stigmatisierung zu tun. Von Stigmatisierung spricht man, wenn eine Person oder eine Personengruppe aufgrund eines bestimmten Merkmals, einer Eigenschaft oder eines Zustandes in negativer Weise von anderen abgegrenzt oder unterschieden wird. Darüber hinaus wird das Merkmal häufig verallgemeinert („Die sind doch alle…“). Das betreffende Merkmal entspricht meistens nicht dem, was in der jeweiligen Gesellschaft als „Normalität“ gilt. Ein Stigma umfasst also alle negativen Meinungen, Vorurteile und Diskriminierungen (also Benachteiligungen oder Herabwürdigungen von Personen oder Personengruppen aufgrund dieser Meinungen und Vorurteile) gegenüber denjenigen, die von dieser gesellschaftlich vorgegebenen „Normalität“ abweichen. Dies kann dazu führen, dass die Person oder die Personengruppe vor allem über dieses Merkmal wahrgenommen wird, während andere Merkmale in den Hintergrund rücken.
Es sind hierbei verschiedenste Personengruppen von Stigmatisierung betroffen, etwa Menschen mit bestimmter Religion oder sexueller Orientierung, Menschen mit Behinderung oder Menschen verschiedener Nationalitäten. Aber auch Menschen mit psychischen Erkrankungen sind betroffen. Andere sehen die psychische Erkrankung dann als einzige Eigenschaft einer Person, sodass die Person deshalb ausgegrenzt oder abgewertet wird (zum Beispiel als „verrückt“ abgestempelt werden). In diesem Fall spricht von man Fremdstigmatisierung.
Doch Stigmatisierung passiert nicht nur durch Außenstehende. Genauso kann es sein, dass man sich selbst stigmatisiert. Das heißt, man grenzt sich selbst zum Beispiel aufgrund seiner psychischen Erkrankung ab und nimmt sich als schwach oder weniger wert wahr („Meine psychische Erkrankung macht mich schwach, ich sollte mich schämen.“). Das heißt dann Selbststigmatisierung. Fremd- und Selbststigmatisierung können sich auch gegenseitig bedingen, zum Beispiel indem das eine das andere hervorruft oder sich beide gegenseitig verstärken.
Doch wieso werden psychische Erkrankungen eigentlich als negativ wahrgenommen? Im 19. Jahrhundert wurden psychische Erkrankungen mit dem Begriff „Irresein“ betitelt und Betroffene wurden von der Allgemeinheit isoliert. Diese Vorstellungen gelten im 21. Jahrhundert zum Glück nicht mehr, dennoch wird eine psychische Erkrankung häufig mit einer Abweichung von der gesellschaftlichen Normalität verbunden. Außerdem ging man lange Zeit von einer Zweiteilung des Gesundheitszustandes aus: Psychische Gesundheit oder psychische Krankheit. Heutzutage spricht man von einem Kontinuum zwischen den zwei Polen „gesund“ und „krank“, auf dem wir uns alle befinden. Man mag zwar mit einer psychischen Erkrankung etwas weiter vom „Gesundheitspol“ weggerückt sein, aber man wird auch nicht als „zu 100% krank“ definiert.
Wenn Sie mit Stigmatisierung zu kämpfen haben, denken Sie daran: Ein Mensch wird nicht durch seine Erkrankung oder ein einzelnes Merkmal definiert! Ihre Charaktereigenschaften, Beziehungen, Einstellungen etc., die vor der Erkrankung da waren, verschwinden nicht plötzlich aufgrund einer psychischen Erkrankung. Auch bei PSYCHOnlineTHERAPIE werden Sie dabei unterstützt, diese wichtige Einsicht zu erlangen oder darin gestärkt zu werden.
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