Die kognitive Triade der Depression
- 31. Januar 2022
“Wenn unser Denken durch verzerrte Wahrnehmung, unlogische Schlüsse und Fehlinterpretationen blockiert wird, sind wir blind und taub.”
(Aaron Beck)
Dieses Zitat stammt von einem der bedeutendsten Psychotherapeuten aller Zeiten: Aaron Beck, der jahrelang im Bereich der Depression forschte und damit auch die kognitive Verhaltenstherapie grundlegend prägte.
Eine seiner bekanntesten Theorien, welche auch in der Verhaltenstherapie häufig genutzt wird, ist die kognitive Theorie der Depression. Diese entwickelte er 1976 mit dem Ziel, die Ursachen von Depressionen besser zu verstehen und vorherzusagen, wann und wie eine depressive Erkrankung entsteht.
Einen Bestandteil dieser Theorie möchten wir in diesem Artikel genauer beleuchten: die kognitive Triade. Wie der Begriff „kognitiv“ verrät, geht es in dabei um unsere gedanklichen Prozesse. Die Triade (= Dreizahl) setzt sich aus drei gedanklichen Verzerrungen zusammen: dem negativen Selbstbild, dem negativen Weltbild und der negativen Sicht auf die Zukunft.
Beck geht davon aus, dass Menschen nicht nur deshalb leiden, weil ihnen ein negatives Ereignis widerfährt, sondern vor allem aufgrund ihrer persönlichen Interpretation und Bewertung dieses Ereignisses. Demnach ist es entscheidend, welche Sicht wir auf das Ereignis haben. Unterschiedliche Bewertungen können so dazu führen, dass wir uns besser oder schlechter fühlen. Gerade bei Menschen mit Depressionen sind diese Ansichten aber oft verzerrt, als würde man durch eine „negative Brille“ blicken.
Bei der kognitiven Triade sieht das folgendermaßen aus:
1. Negatives Selbstbild:
Betroffene Personen haben ein negativ geprägtes Bild von sich selbst. Sie fühlen sich wertlos, sehen sich als Versagerin oder Versager und glauben, dass sie aufgrund ihrer „Mängel“ unerwünscht sind. Negative Erfahrungen führen sie auf sich selbst zurück. Außerdem können Betroffene wenig Positives an sich und ihrer Person sehen und sind überzeugt, dass andere Menschen ebenso schlecht über sie denken.
2. Negatives Weltbild
Betroffene fühlen sich darüber hinaus von ihrer Umwelt nicht verstanden. Sie empfinden die Welt mit ihren Aufgaben und Verpflichtungen als fordernd und ungerecht. Für sie fühlt es sich meist so an, als ob ihre Umwelt versuchen würde, ihnen noch mehr Steine in den Weg zu legen und sie somit daran zu hindern, an ihr persönliches Ziel zu kommen.
3. Negative Sicht auf die Zukunft
Das Gefühl, dass sich nichts ändern wird und auch in Zukunft dieselben Hürden bestehen bleiben, demotiviert die Betroffenen außerdem noch mehr. Sie sehen kein Licht am Ende des Tunnels und blicken somit hoffnungslos und frustriert in die Zukunft. Dieses pessimistische Denken hat zur Folge, dass Betroffene auch keine Versuche unternehmen, ihrem derzeitigen Zustand zu entkommen.
Das Problematische an diesen negativen Gedankeninhalten ist, dass die Betroffenen häufig selbst nicht in der Lage sind zu erkennen, dass ihre Gedanken teilweise verzerrt sind. Sie blicken sozusagen dauerhaft durch die „negativ getönte Brille“. Jeder Misserfolg bzw. jedes unangenehme Ereignis bestätigt diese Überzeugungen vermeintlich. „Unpassende“ positive Erfahrungen werden weniger wahrgenommen oder als bloße Zufälle abgetan.
Wichtig: Nur weil man zum Beispiel ein negatives Weltbild hat, ist man noch lange nicht depressiv. Wie lange jemand diese „negative Brille“ trägt und ob man sie auch mal absetzen kann spielt eine entscheidende Rolle. Die Diagnose einer Depression sollte immer von einer Fachperson gestellt werden (Therapeut:in oder Ärzt:in).
Das Ziel einer Psychotherapie ist es, diese Gedankenketten zu durchbrechen und neue Sichtweisen zu entwickeln, die den Selbstwert stärken. Bei verhaltenstherapeutischen Ansätzen werden negative Bewertungen Schritt für Schritt in Frage gestellt, zum Beispiel auch in den Lektionen von PSYCHOnlineTHERAPIE. Denn auch wenn wir oft keinen Einfluss auf Geschehnisse um uns herum nehmen können, so können wir doch darüber entscheiden, wie wir diese wahrnehmen und bewerten.
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